×

Boris Szélpal
Prof. Dr., Dipl. Architekt MAA SIA MREM
Kontextplan AG und Berner Fachhochschule BFH

«Leider haben sich die Architektinnen in den letzten Jahren darauf beschränkt, nur Antworten zu liefern und keine fachlichen Fragestellungen zu kreieren oder dazu in einen Diskurs zu treten.»

Über welchen Baurechtsartikel haben Sie sich zuletzt echauffiert?

Über den Ästhetikartikel im Baureglement einer Gemeinde: Eine Geographin, ein Bäcker und ein Garagist fragten sich in der Baukommissionssitzung, wie dieser Artikel nun praktisch anzuwenden sei. Meine Antwort: «Wollen wir nicht lieber über Landkarten, Brot oder Motoren sprechen?» Wir haben dann eine nicht ständige Gestaltungskommission als Beratergremium eingerichtet. Gemeinsam geht es einfach besser.

Inwiefern schränken Baugesetze die Lösungsfindung architektonischer Projekte ein?

Gar nicht! Architektinnen besitzen immer noch die Fähigkeit, die Problemstellungen der Gesellschaft in architektonische Lösungen zu transformieren, egal wie die Rahmenbedingungen aussehen. Architektinnen sind fähig, auf komplexe bauliche Fragestellungen einfache Antworten zu liefern. Leider haben sich die Architektinnen in den letzten Jahren darauf beschränkt, nur Antworten zu liefern und keine fachlichen Fragestellungen zu kreieren oder dazu in einen Diskurs zu treten. Sehr wahrscheinlich würden dann die Baugesetze auch anders aussehen.

Wie könnte eine Qualitätssicherung in der Architektur aussehen? Durch wen oder was könnte sie gewährleistet werden?

Baugesetze sind für Laien und Experten – dazu zähle ich die Architekten – gedacht. Es geht aus meiner Sicht darum, GEMEINSAM herauszufinden was für den jeweiligen Ort (Quartier, Gemeinde, Stadt, Landschaft etc.) wichtig ist. Diese Wichtigkeiten oder Prioritäten sollen laienverständlich beschrieben, in messbare Baugesetzartikel und durch den Laien bewertbare Qualitäten des Ortes transformiert werden. Es muss möglich sein auf Augenhöhe zu diskutieren, Klarheit für den Laien zu schaffen und Spielraum für den Experten zu lassen. Das Wettbewerbswesen zeigt uns ja, dass diese Kombination (Fach- und Sachgremium), dank unserer direkt demokratischen Kultur in der Schweiz möglich ist! Wir schätzen es angehört zu werden, können dann aber auch Mehrheitsabstimmungen akzeptieren. Qualitätssicherung in der Architektur ist ein Gemeinschaftswerk oder ein Gesellschaftswerk!