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Martin Klopfenstein
Architekt

«So ergab ich mich in mein Schicksal und diskutierte über Kniestockhöhen, Abstände von nicht ständig bewohnten Nebengebäuden und zulässigen Neigungen für Terrainmodellierungen.»

Es kann passieren, dass man im Leben Dinge tut, die man nicht so recht kann. Zum Beispiel das Mittun in einer Kommission, die über die Anpassung eines Baureglements zu befinden hat. Der Ruf in solche Kommissionen ist eine Alterserscheinung: irgendwann kommt’s. So ergab ich mich in mein Schicksal und diskutierte über Kniestockhöhen, Abstände von nicht ständig bewohnten Nebengebäuden und zulässigen Neigungen für Terrainmodellierungen. Ein Problem dabei (nebst vielen andern Problemen) ist, dass ich die Sache mit den Baureglementen bisher nur als User kannte. Also als einer, der die Regel auslotet, austrickst oder dann, im Falle eines Verstosses, vor einer – äh – Kommission antanzen muss, um sich zu erklären.

Nun, die Zeiten ändern sich, und so geschah es, wie oben beschrieben, dass ich mich für einmal auf der anderen Seite wiederfand und mir die Frage stellte: Und jetzt? Regeln zu machen, ist etwas ganz anderes, als Regeln zu befolgen oder bestmöglich auszureizen. Dazu kommt: Für gute Architekten wäre es gut, eher wenig Regeln zu haben, und für schlechte kann es wahrscheinlich nie genug geben. Umgekehrt gesagt: Gute Architektur kann nicht herbeireglementiert und schlechte auch mit dem bestgemeinten Regelwerk kaum verhindert werden. Daher ist das Ausknobeln von Baugesetzen von vornherein ein Werk mit Frustpotenzial.

Ein Potenzial, zusätzlich genährt vom Umstand, dass die Art und Weise, Baugesetze auszuhandeln, zu formulieren und darzustellen, nicht zur Debatte stand. Das heisst: Man diskutiert am Korsett herum, aber das Korsett bleibt. Bloss, wenn ich ehrlich bin: Hätte ich denn eine Alternative zu ihm? So begnügte ich mich bald einmal mit den kleinen Erfolgen, von denen ich aber nicht einmal wusste, ob sie tatsächlich Erfolge sind, denn die Wirkung der (ein wenig) neuen baupolizeilichen Arzneien ist noch unerprobt – Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen.

Daher das (vorläufige) Fazit zu meinem Ausflug in die Baugesetzentwurfsabteilung: Ja, ich habe ein wenig Baugesetze (mit)geformt. Aber es scheint, als hätten diese vor allem mich geformt. Ai, ai.